Typisch Sylt - Friesisch kuschelig: Urlaub unter Reetdach
Werden Sie aufgefordert spontan einige Dinge zu nennen, die Sie mit Sylt in Verbindung bringen, dürften Reetdachhäuser zu den Spitzenreitern in der Aufzählung gehören. Seit Jahrhunderten prägen sie das Inselbild, wurden liebevoll restauriert und teilweise zu Ferienunterkünften umgebaut. Leben im Reetdachhaus steht für Urlauber für Romantik und Gemütlichkeit. In erster Linie waren Reetdachhäuser seit jeher jedoch zweckmäßig. Reet fungiert im Winter als Wärmespeicher und sorgt in heißen Sommern für angenehme Kühle in den Zimmern.
Herkunft
Die ersten Reetdachhäuser auf Sylt entstanden im 18. Jahrhundert. Damals stand noch ausreichend Reet zur Verfügung und konnte direkt vor der Haustür geschnitten werden. Kalk und Stein wurden über den Wasserweg aus Holland eingeführt. Heute ist das Schilfrohr auf der Insel zur Mangelware geworden, steht unter Naturschutz und muss importiert werden. Dies hält die Insulaner jedoch nicht ab, weiter an ihren Reetdachhäusern festzuhalten.
Drei Herstellungsarten
Was ist nun das Besondere an Reetdächern? Sie können auf drei unterschiedliche Arten hergestellt werden: gebunden, geschraubt oder genäht. Reet wird in Bündeln verwendet und auf den Dachlatten so befestigt, dass die unteren Enden der Halme einheitlich abschließen. Die erste Schicht wird als Traufschicht bezeichnet. Die Reetbündel erhalten ihre Spannung durch die höher als die Dachlattenebene gelegene Auflagekante. Bei geschraubten oder gebundenen Dächern befestigt man auf den Reetlagen einen Schacht genannten Haltedraht. Die einzelnen Lagen werden mit einem Klopfbrett in Form gebracht. Beim genähten Reetdach verzichtet man auf den Haltedraht. Dies ist die aufwendigste Herstellungsart.
In jedem Fall gleicht ein Reetdach einem kleinen Kunstwerk und erfordert viel Geschick und Fachkenntnis. Reetdachdecker wurden 2014 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Diesem Verzeichnis gehören knapp 30 weitere Kulturformen an.
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Eine Frage des Geschmacks
Reetdächer werden Ihnen auf der Insel überall ins Auge fallen. Besonders schmuck zeigt sich
Kampen. Urlauber zücken die Kameras und bestaunen die ländliche Idylle, die sie ausstrahlen. Bei den Immobilienfachleuten herrscht dagegen eher nüchterne Gelassenheit. Reetdächer bringen nach ihrer Aussage kaum bauliche Vorteile und dienen heute eher Dekozwecken. Viele Hausbesitzer halten jedoch am historischen Vorbild fest, wieder andere hoffen einfach, die Immobilie mit Reetdach gewinnbringender verkaufen zu können.
Schönheit hat ihren Preis
Durch die heutigen baulichen Möglichkeiten ist ein Reetdach weit sicherer und beständiger als in vergangener Zeit. So werden die Dächer von innen mit Dämmung oder Folie vor Bränden geschützt. Ganz gleich, welche Wetterkapriolen auf Sylt herrschen, ein Reetdach auf der Insel hält etwa 50 Jahre. Für ein neues Dach heißt es, tief in die Tasche greifen. Um die 30.000 € müssen für den gemütlichen Blickfang hinter den Dünen aufgebracht werden.
Ein Anblick der bleibt
Reetdächer sind auf Sylt nicht wegzudenken und keine Angst, es wird Sie auch in Zukunft geben, denn in der Kampener Ortsgestaltungssatzung wird seit 1920 sogar vorgeschrieben, dass Reetdächer zum Ortsbild gehören. Sylter Reetdächer sind ein Wahrzeichen der Insel und einfach Natur pur. Damit das Schmuckstück möglichst lange hält, sollte der Reetdachdecker sein Handwerk verstehen, Reet bester Qualität verwendet werden und die Bewohner nicht vergessen, für eine regelmäßige Belüftung zu sorgen.